Dienstag, 11. März 2014

Wer hat an der Uhr gedreht?


Nun bin ich schon wieder in München und arbeite noch die letzten Tage in Nairobi auf. Dort konnte ich noch ein paar Dinge aufgreifen, die ich vor der Fahrt nach Tansania angestoßen hatte.
Die Planungen für die Schulung laufen weiter. Voraussichtlich Ende Mai wird die erste Schulung in Kenia stattfinden. Einige bürokratische Hürden müssen noch überwunden werden (Hotelangebote einholen, Trainer bei AMREF registrieren lassen), aber wir es ist ja noch etwas Zeit. Elf Krankenhäuser aus zwei Regionen in Kenia haben wir für den ersten Termin ausgewählt: einmal die Küstenregion und zum anderen die sogenannte „Lower Eastern Region“ zwischen Machakos und Makindu. Durchgeführt werden die Schulungen von Erick, unserem beratenden Apotheker für AMREF, sowie einem zusätzlichen Trainer. Gegen Ende des Jahres soll dann die erste Schulung in Tansania stattfinden.
Im AMREF Lager in Nairobi hat sich in den letzten Monaten viel getan. Neben der nun regelmäßig durchgeführten Verfallsdatenkontrolle werden auch Verbrauchsstatistiken durchgeführt. Diese haben wir genutzt, um die nächste Arznei- und Hilfsmittelbestellung zu erstellen, um die Outreachflüge der nächsten sechs Monate sicherzustellen. Wir werteten die Zahlen der letzten zehn Monate aus (die Zeit seit Einführung der Software), überprüften den aktuellen Bestand und glichen die anstehenden Outreachcircuits der nächsten Monate ab. Dies ging im Vergleich zu den in der Vergangenheit gemeinsam durchgeführten Bestellungen deutlich schneller, weil wir nicht mehr Zahlen aus verschiedenen Ordnern zusammensuchen und in den Taschenrechner eintippen mussten. Die erste Inventur ganz ohne die manuelle Dokumentation findet Ende März statt. Ein durchaus spannendes Ereignis.
Weiterhin hat Julius das Lager inzwischen gut entrümpelt: Spenden, die seit längerer Zeit gehortet wurden, werden nach und nach an Krankenhäuser verteilt. Arzneimittel wie Ibuprofen oder Diclofenac und auch Zubehör wie Spritzen und Nadeln, die jedes Krankenhaus (wenn auch noch so klein und entlegen) haben sollte, werden reduziert, um die Ressourcen auf die nicht vorhandenen und oft teuren Materialien zu verwenden. Das sind z.B. spezielle Nahtmaterialien, sterile Handschuhe, Endotrachealtuben oder Katheter. Denn diese sind essentiell, damit die entsandten Ärzte ihre Expertise während des Outreachbesuchs auch einsetzen können. Nichts wäre frustrierender, als Patienten aufgrund fehlender wichtiger Materialien nicht behandeln zu können. Um dies zu vermeiden arbeitet Julius auch an einer verbesserten Kommunikation zwischen Krankenhäusern, Ärzten und AMREF und dokumentiert die Anforderungen für die einzelnen Krankenhäuser und Spezialitäten, um diese für zukünftige Besuche auszuwerten.
Außerdem stand in der letzten Woche noch ein weiteres Treffen mit EPN an, die nun einen neuen Geschäftsführer haben, Mirfin Mpundu aus Sambia. Wir arrangierten diesmal ein Treffen bei AMREF gemeinsam mit Outreachmanager Dr. Asrat. In den anstehenden Schulungen bieten sich viele Kooperationsmöglichkeiten, da EPN hier auf einige Erfahrung zurückblicken kann und sehr gut vernetzt ist. Vor allem stehen bei uns allen der Patient und seine flächendeckende adäquate medizinische Versorgung im Mittelpunkt, weshalb wir unsere jeweiligen Stärken und Erfahrungen zusammenführen und für dieses Ziel einsetzen wollen.
Naja, und nach weiteren Treffen mit unserem Lieferanten MEDS und einem potentiellen zukünftigen Lieferanten missionpharma, ging es dann alles ganz schnell zum Schluss und fünf Wochen waren wirklich schon wieder um. Ich räumte mein kleines Büro bei AMREF, verabschiedete mich bei allen, packte meinen Koffer und machte mich am Freitagabend auf den Weg zum Flughafen. Als ich ankam, hieß es der Flug sei überbucht, es würde gerade noch nach Möglichkeiten für mich gesucht. Eine Dreiviertelstunde vor Abflug bekam ich dann doch noch meine Bordkarten (glücklicherweise oder leider?!). Und so hieß es dann tatsächlich „Kwa heri!“ (Auf Wiedersehen!)
Nairobi - die letzten Tage

Mittwoch, 5. März 2014

Etappen 3, 4 und 5: Ifakara - Hanga - Dar - Nairobi


Am Sonntag machte ich mich also früh morgens auf den Weg. Von Ifakara ging es nun erstmal zurück zur Hauptstraße nach Mikumi. Dort stieg ich am Busbahnhof in einen anderen Bus ein, der von Dar über Mikumi bis nach Songea fährt. Die etwa zweieinhalb Stunden, die ich noch auf den Bus warten musste, waren wie Kino. Man sitzt da, es gibt Knabbereien zu kaufen und Eis, um einen herum passierten tausend Dinge. Die Verkäufer, die wild losliefen, sobald sich ein Bus näherte, die Zubereitung diverser Speisen auf Grills und offenem Feuer, die Ticketverkäufer, die versuchten, möglichst viele Kunden zu gewinnen indem sie Reisetaschen schnappten und schnell zu ihrem Stand trugen, die anderen Reisenden mit verschiedensten Zielen… Und dann rollte auch schon mein Bus ein. Firma „Superfeo“ , was auf Spanisch witzigerweise „superhässlich“ heißt. Es war aber der beste Bus, den ich bisher hatte. So fuhren und fuhren wir (von Mikumi nach Songea sind es noch ungefähr 650km) und irgendwann wurde es mal dunkel (so gegen 19h) und dann stoppte schließlich auch noch der Bus und ich erfuhr, dass die Straße nicht mehr befahrbar ist und wir nun eventuell hier übernachten müssten. Ok… Nach einer guten Stunde ging es dann doch noch weiter und wir kamen tatsächlich gegen 23h noch in Songea an.

Dort wurde ich glücklicherweise von Bertha, die als Krankenschwester in Hanga arbeitet, noch abgeholt und wir fuhren mit dem Auto nach Hanga, was etwa eine Stunde dauert. Der Ort Hanga ist relativ klein, besteht aus der Benediktinerabtei, deren Gesundheitszentrum wir unterstützen, mehreren Schulen und den dazugehörigen Bananenplantagen und Farmen, sowie einigen Wohnhäusern. Bertha, die die Apotheke des Zentrums leitet, gab mir am ersten Tag eine kleine Dorfführung. Unter anderem wurde ich auch in einige Schulklassen geführt und es durften Fragen gestellt werden. Bei der Frage nach meinem Beruf, sorgte ich mit „Apotheker“ leider selbst bei den älteren Schülern nur für betretenes Schweigen. Eine „Person, die mit Medikamenten handelt“ brachte dann ein wenig Licht ins Dunkel. Der Beruf ist leider alles andere als popular.

Hanga besitzt seit letztem Jahr den Status als Gesundheitszentrum, was die zweite Versorgungsstufe im tansanischen Gesundheitssystem ist. Stufe 1 sind sogenannte Dispensaries, Stufe 3 Distriktkrankenhäuser, Stufe 4 regionale Krankenhäuser und Stufe 5 überregionale Krankenhäuser. Die Bettenanzahl steigt mit der jeweiligen Stufe an, ebenso die Anzahl an Fachpersonal und das Angebot an medizinischen Versorgungsmöglichkeiten.

Hanga hat zurzeit 22 Betten. Einen ausgebildeten Arzt gibt es im Moment noch nicht, nur einen Clinical Officer. Dieser hat eine dreijährige Ausbildung und übernimmt aufgrund des Fachkräftemangels besonders in ländlichen Gegenden die Aufgaben eines Arztes. Bestimmte Eingriffe und Untersuchungen können sie durchführen. Für kompliziertere Fälle werden Patienten dann an die nächsthöhere Stufe bzw. das nächste Krankenhaus mit entsprechendem Personal verwiesen. Dies kann allerdings bei den weiten Wegen, schlechten Straßen und fehlendem Personal auch zum Verhängnis werden.

Im nächsten Monat sollen in Hanga ein AMO, ein Assistant Medical Doctor (der nach der Ausbildung zum Clinical Officer noch zwei weitere Jahre absolviert) sowie ein Anästhesist ihre Arbeit aufnehmen.  Das Gesundheitszentrum hat nun einen Operationssaal und baut an einem neuen Gebäude, in dem eine eigene chirurgische Station entsteht. Patienten kommen aus Dörfern im Umkreis von etwa 50km nach Hanga. Die Aufwertung zum Gesundheitszentrum und damit mehr Behandlungsmöglichkeiten wird für viele eine Rettung sein, da ihnen der lange und eben beschwerliche Weg ins nächstgrößere Krankenhaus in Songea erspart bleibt. Im Moment, zu Beginn der Regenzeit, sind es vor allem Malariapatienten, die stationär aufgenommen werden. Viele Patienten kommen auch nur für Untersuchungen und gehen dann mit den ihnen verschriebenen Medikamenten wieder nach Hause. Für einige ist Hanga die einzige Möglichkeit an Medikamente zu kommen, da im Notfall auch ohne Bezahlung abgegeben wird und dies von der Benediktinerabtei getragen wird. Zudem wissen die Leute, dass sie hier ihre Medikamente bekommen und diese aus zuverlässiger Quelle stammen und nicht, wie vielleicht in den „Duka la Dawa“ (den Medikamentenshops) von ominösen Händlern.

Das Lager in Hanga ist klein und gut organisiert. Es gibt Bin cards für Arzneimittel und Zubehör, wo alle Warenbewegungen dokumentiert werden. Jeden Monat wird eine Inventur durchgeführt und das Ergebnis festgehalten. Alle drei Monate gibt Bertha eine Bestellung bei action medeor in Dar-es-salaam auf. Dies wird von AoG finanziell unterstützt. Die Bestellungen werden anhand der monatlichen Verbräuche erstellt, ebenso werden saisonale Schwankungen mitberücksichtigt. Bertha und ich gingen alle Prozesse einmal durch, vom Wareneingang, den Bewegungen zwischen den Lagern (auch hier gibt es aus Transparenzgründen ein Hauptlager und ein weiteres Lager in der Apotheke) bis hin zur Abgabe an den Patienten.  So konnte ich mir einen guten Überblick über die Arbeit verschaffen und gemeinsam mit Bertha an Verbesserungsmöglichkeiten arbeiten. Die drei Tage, die ich dort verbrachte gingen schnell um, aber wir haben viel geschafft. Die Erweiterung zum Gesundheitszentrum wird auch einige Neuerungen für die Apotheke mit sich bringen, woran wir in Zukunft besonders arbeiten werden.

So hieß es wieder einmal Abschied nehmen, dieses Mal von den Brüdern und Schwestern der Benediktinerabtei, die mich so freundlich aufgenommen und versorgt haben. Und wieder einmal stellte ich mich auf eine lange Reise ein: knapp 1000km sind es zurück nach Dar. Die Fahrt dauerte 17 Stunden (ich gehe nicht weiter auf die Einzelheiten ein). So war mein Rückflug nach Nairobi am nächsten Morgen eine reine Wohltat: eine Stunde Flugzeit und schon war ich da. Allerdings auch reichlich unspektakulär im Vergleich zur Busfahrt…
Hanga

Samstag, 1. März 2014

Etappe 1 und 2: Dar - Ifakara - Lugala


Nach anderthalb Tagen in Dar ging es dann am nächsten Morgen mit dem Bus weiter nach Ifakara. Auf meinem Ticket stand 7 Uhr Abfahrt. Bei der Umrechnung von Swahilizeit in „unsere“ Zeitangabe (hier wird ab Sonnenaufgang gerechnet, d.h. 6 Uhr morgens bei uns ist 0 Uhr Swahilizeit) war dem Ticketaussteller wohl ein Rechenfehler unterlaufen. So erschien ich eine gute halbe Stunde zu spät am Busbahnhof. Glücklicherweise gab es Verzögerungen und ich und mein Gepäck konnten den Bus dank eines flinken Gepäckträgers noch erreichen. Bei aller anzutreffenden Gemütlichkeit im sonstigen Alltag,  verstehen die Busfahrer und Begleitpersonal der Fernbusse keinen Spaß, verbreiten bei Ein- und Ausstieg sowie Pausen geradezu unglaubliche Hetze und werden ganz schön ungeduldig, wenn man etwas langsam ist.

So saß ich dann schließlich in einem Bus der schlechteren Sorte und musste mich selbst im Sitzen gut festhalten um bei Schlaglöchern und Bremshügeln nicht vom Sitz zu fliegen. Die Fahrt führt von Dar über Morogoro, ein Stück durch den Mikumi Nationalpark (wo Zebras, Giraffen und Antilopen vom Bus aus zu sehen sind) und dann von der Hauptstraße ab nach Ifakara. Es geht eine ganze Zeit lang über ungeteerte Straßen (was das Fahrttempo nur leicht beeinträchtigt) durch viele Dörfer und den „Busch“ bis man dann plötzlich wieder Teer unter den Reifen hat und in der Oase Ifakara: relativ belebt, mehrere Straßen, Geschäfte, Restaurants und Gästehäuser sowie auch einem Krankenhaus. Mein eigentliches Reiseziel war aber Lugala. Allerdings war das an diesem Tag nicht mehr zu erreichen, da die Straße zur Regenzeit, die nun langsam beginnt, schlecht befahrbar ist und die Fahrt dann zwischen vier und sechs Stunden dauern kann (oder auch noch länger, so Gott will…).

So wurde ich am Busbahnhof in Ifakara freundlicherweise von Sandra von PSF Schweiz empfangen, die in Lugala ein Projekt haben. Lugala ist auch eines der Krankenhäuser im AMREF Outreach, weshalb die Apotheke auch auf unserer Liste steht. Da keine Notwendigkeit zu zwei ähnlichen Projekten an gleicher Stelle besteht, hatte ich die Schweizer Gruppe kontaktiert und wurde eingeladen, mir die Arbeit dort anzuschauen. Lugala ist wohl das abgelegenste Krankenhaus, das ich bisher besucht habe. Die Fahrt von Ifakara führt mit einer Fähre über den Kilombero River und dann nochmal etwa 150km über ungeteerte Straßen und durch viele kleine Dörfer. Lugala selbst besteht eigentlich nur aus dem Krankenhaus und den dazugehörigen Häusern der Angestellten. Der nächste Ort Malinyi besteht aus drei Straßen, immerhin ein paar kleinen Geschäften (mit sehr limitierter Auswahl), einem Markt (mit ebenfalls limitierter Auswahl) und sogar zwei Bars ist 3km entfernt. Es erscheint einem wie ein kleiner Mikrokosmos dort.

Seit 2011 ist PSF Schweiz hier aktiv. Sie arbeiten ebenfalls an der Verbesserung des Lagermanagements, u.a. auch mit der Einführung einer Software. Diese ist nun seit einigen Monaten in Betrieb und wird von den Mitarbeitern gut angenommen. Sandra ist als freiwillige Apothekerin für mehrere Monate vor Ort und arbeitet in der Apotheke mit. Ich begleitete sie einen Tag bei der Arbeit, nahm am Morgenmeeting der Ärzte teil und besuchte die verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses. Es wird gerade viel gebaut und renoviert. Unter anderem wird gerade eine „Infusion Unit“ eröffnet, wo Infusionen hergestellt werden, weil Einkauf und Transport sehr umständlich und teuer sind. Von ihren Erfahrungen zu hören und sich über unsere Projekte auszutauschen war sehr gut. Zufälligerweise fand gleichzeitig auch ein AMREF Outreach mit einer HNO Ärztin statt, mit der ich mich bei der Gelegenheit auch über unser Projekt unterhalten konnte.

Nach zwei sehr aufschlussreichen und informativen Tagen machte ich mich dann wieder auf. Mein nächstes Ziel war unser Projekt in Hanga, Songea im Süden Tansanias. Songea ist gar nicht so weit weg von Malinyi, allerdings gibt es noch keine Straße über die Berge (sie befindet sich in Bau). So ging es denn wieder zurück nach Ifakara, wo ich wieder eine Nacht verbrachte und mich dann am nächsten Morgen um 11.30h Swahilizeit (also leider 5.30h unserer Zeit) wieder in den Bus setzte und den langen Weg nach Songea anging…
Dar - Ifakara - Lugala

Freitag, 28. Februar 2014

Dar-es-Salaam


Zwei Wochen war ich nun unterwegs in Tansania, die meiste Zeit ohne Internet oder mit extrem schlechter Verbindung, weshalb ich jetzt erst von meiner Reise berichten kann.

Von einer Metropole  in die nächste führte mich der Weg von Nairobi (Maa, "kühles Wasser") nach Dar-es-Salaam (arab., "Haus des Friedens"). Dar ist zwar nicht die Hauptstadt Tansanias (das ist offiziell Dodoma), allerdings nennen selbst viele Tansanier, wenn man sie nach ihrer Hauptstadt fragt, zuerst Dar. Es ist Regierungssitz, Wirtschafts- und Handelszentrum und auch die meisten Botschaften sind hier angesiedelt.

Der Verkehr ist ähnlich überwältigend wie in Nairobi und die Fahrt vom Flughafen in die Stadt (ca. 10km) brauchten wir schlappe zwei Stunden. Für dieselbe Strecke brauchte ich für meinen Rückflug zu nächtlicher Stunde nur 15 Minuten. Glücklicherweise gibt es alternativ zu den normalen Taxis noch sogenannte „Bajajis“ (woanders auch Tuk-Tuk oder Autorikscha genannt). Diese schlängeln sich dann über Stock, Stein und Bürgersteig zwischen den Automassen hindurch, wodurch man dann relativ zügig vorankommt. Auf meinem Plan stand zunächst ein Treffen mit Karl Friedrich Steinhausen von „action medeor international healthcare Tanzania“, einem wichtigen Arzneimittellieferanten für viele Krankenhäuser neben der staatlichen Agentur „msd“ (medical stores department). Für unser Tansaniaprojekt in Hanga kaufen wir vor allem hier ein. Die Filliale der deutschen Hilfsorganisation action medeor wurde vor 10 Jahren in Dar-es-Salaam gegründet, um lokale Strukturen zu verstärken.

Meinen zweiten Termin an diesem Tag hatte ich im Country Office von AMREF mit den dortigen Koordinatoren für das Outreach Programm, Agnes und Amos, um sie persönlich kennenzulernen und über den weiteren Verlauf unseres Projektes, insbesondere die Schulungen zu sprechen. Denn obwohl Kenia und Tansania dicht beieinander liegen und vielleicht erst einmal ähnlich erscheinen, gibt es einige Unterschiede, die wir bei der Planung und Organisation berücksichtigen müssen. Dazu gehören z.B. die schlechtere Infrastruktur oder die geringeren Englischkenntnisse des Personals.

Nachdem ich dann am wuseligen Busbahnhof Ubungo  dann auch noch mein Busticket für den nächsten Tag nach Ifakara besorgt hatte, schlenderte ich noch ein bisschen durch Downtown und am am Wasser entlang. Obwohl Dar am Meer liegt und es auch Stadtstrände gibt, laden diese leider aufgrund von Abwasser, Müll und tansanischen Beachboys eher wenig zum Baden ein. So begnügte ich mich also mit einem Soda (wie hier alle Limonaden jeglicher Marke genannt werden) in einer der Strandbars.
Dar-es-Salaam

Donnerstag, 13. Februar 2014

Devolution

Ein Wort, das mir in der letzten Woche immer wieder begegnete ist "devolution". Bedeuten tut es: Übertragung administrativer Funktionen in einem Einheitsstaat an regionale Körperschaften (was ich Politikfuchs nachgeschlagen habe, um sicher zu sein, worüber ich rede).
In der neuen Verfassung Kenias wurde die Aufteilung des Landes in 47 counties aufgenommen. Nach den Wahlen im letzten Jahr wird diese Aufteilung nun nach und nach umgesetzt und den einzelnen counties nun also die Selbstverwaltung zugesprochen. Jedes county wählt einen Präsidenten, einen Governor, einen Minister, ein Parlamentsabgeordneten und eine Frauenbeauftragte. Vom Staat werden insgesamt 210 Milliarden kenianische Schilling auf die Counties verteilt (ca. 1,8 Mio €), über die diese nun selbst verfügen können, um in ihre Region zu investieren. Der Weg über die zentrale Regierung in Nairobi bleibt erspart. So soll der Wettbewerb unter den verschiedenen Regionen gefördert werden und eine Bevorzugung bestimmter Gebiete durch Personen im Ministerium in Nairobi vermieden werden.
Auch der Gesundheitssektor soll sich auf diese Weise stark verändern, Krankenhäuser renoviert , mehr Krankenwagen zur Verfügung gestellt und Personal eingestellt werden.
Bei meinem letzten Besuch war das ganze noch reine Theorie. Ab Oktober fingen die Governors in den Counties an zu arbeiten und nun beobachten alle mit Spannung die Entwicklungen. Die Meinungen sind gemischt, insgesamt steht man der Veränderung jedoch positive gegenüber.
Auch für unser Projekt hat sich dadurch etwas geändert. Statt beim Gesundheitsministerium vorzusprechen wenden wir uns nun an die County Minister für den Gesundheitsbereich und den County Pharmacist. Ein Vorteil ist definitiv, dass diese Leute näher am Geschehen dran sind, auch wenn sie immer noch am Schreibtisch sitzen. Hinzu kommt, dass die gesamte Verwaltungsstruktur durch junge Leute belebt wird, die, so scheint es zumindest, mit mehr Idealismus und Motivation an ihre Posten gehen, als es so manch alteingesessener Beamte vielleicht täte.
So nahmen Julius und ich diese Woche den Weg nach Machakos und Makueni auf uns. Dort hatten wir im letzten Jahr in sechs Krankenhäusern unsere Umfrage durchgeführt und sind nun dabei die Schulungen zu planen.
In beiden Ministerien wurden wir freundlich empfangen, aber auch kritisch befragt, was wir genau vorhaben und an wen wir unsere Schulungen richten wollen. Das teilweise verbreitete Bild von "Afrika, da nimmt man, was man kriegen kann" ist wirklich veraltet, wenn es den jemals aktuell war.
Unsere individuelle Befragung der Krankenhäuser und nun des zuständigen Personals auf der Verwaltungsebene gibt uns genau Aufschluss darüber, was vor Ort wirklich benötigt wird, was es schon gibt und welche Ansprechpartner wir haben. Der Tag war sehr informativ und brachte uns einige gute Kontakte.


Außerdem brachte er mit sich, dass wir uns in Makueni alle günstig mit reichlich Mangos bevorraten konnten (denn es ist wieder Mangosaison, juchu) und außerdem auf dem Rückweg von Machakos noch ein Rätsel der Natur mitnehmen konnten: in Kya Mwilu, ein Stück die Machakos Hills hinauf, wird die Schwerkraft ausgehebelt. Wirklich. Gießt man Wasser auf die Straße, fließt es den Berg hinauf, nicht hinab. Stellt man den Motor des Autos aus (und wir waren mit einem beladenen Pick-Up unterwegs) und löst die Bremse, rollt das Auto unheimlicherweise den Berg hinauf statt hinab, als würde man gezogen werden. Eine Erklärung gibt es nicht, nur eine alte Legende über eine Frau, die sich in ihrer Liebe nicht zwischen zwei Männern entscheiden konnte und nun immer noch auch nach ihrer aller Tode hin- und hergerissen ist, zu wem sie sich begeben soll... Wissenschaftliche Studien wurden noch nicht durchgeführt. Die Dorfbewohner führen das Wunder einfach immer und immer wieder vor. Und statt nach einer Erklärung zu suchen hielt ich mich an kindliches Staunen und Begeisterung.


Morgen geht es für mich nun schon wieder weiter nach Tansania. Termine in Dar-es-Salaam, Lugala (eines der Outreachkrankenhäuser) und Hanga (wo AoG ein weiteres kleines Projekt hat) stehen auf dem Programm. Nach den turbulenten Flügen meiner letzten Reise wollte ich mir vorsorglich noch Reisetabletten aus der Apotheke hier besorgen. Nachdem ich den netten Herren hinter der Theke dann davon überzeugt hatte, dass ich wirklich kein Domperidon gegen die Übelkeit nehmen möchte, verkaufte er mir einen Blister Cinnarizin, das hier in Kenia standardmäßig gegen Reiseübelkeit eingesetzt wird; im braunen Papiertütchen und ohne Packungsbeilage, dafür mit der Nachfrage, ob ich denn wisse, wie ich die Tabletten einzunehmen habe. Da war mein Vertrauen allerdings schon ein wenig erschüttert...
Nun bin ich gewappnet für den nächsten Teil der Reise und wünsche mir eine "Safari njema", gute Reise.
Devolution

Sonntag, 9. Februar 2014

Karibu Kenya! Die nächste Staffel

Am Montagabend machte ich mich bei kühlen Graden in München auf den Weg zum Flughafen und wurde einen Tag später nach einer durchflogenen Nacht bei angenehmen 28°C in Nairobi am Flughafen empfangen. Mal wieder hieß es "Karibu Kenya"! Mittwoch war dann gleich mein erster Arbeitstag bei AMREF. So konnte ich viele bekannte Gesichter begrüßen, an den ersten Meetings teilnehmen und das Arzneimittellager und die Fortschritte dort zu begutachten. Da die Lagerhaltung nun mit der eingeführten Software gemacht wird, erübrigt sich das Ausfüllen diverser Bestellzettel und Bestandsbücher. Durch die mit der Software durchgeführte Verfallsdatenkontrolle, konnten bereits einige Arzneimittel rechtzeitig identifiziert, aussortiert und an andere Gesundheitseinrichtungen weitergegeben werden, bevor sie entsorgt werden müssen. Die während meines letzten Besuches durchgeführte Umfrage hat Julius in den letzten Monaten selbstständig weitergeführt. So haben wir nun Daten von 15 Krankenhäusern in Kenia und 11 in Tansania. Erfragt haben wir dabei zum Beispiel, welches Personal vorhanden ist, wie die Stromversorgung gesichert wird, ob es Internet gibt, wie das Lager organisiert ist. Anhand dieser Daten erstellen wir nun ein individuelles Schulungsprogramm, um Mitarbeiter der Outreachkliniken zu schulen. Der Fokus liegt im Bereich Lagermanagement und der Software. Nach der Auswertung erarbeiten wir gemeinsam mit Erick, dem als Berater eingestellten Apotheker in den nächsten Wochen die konkreten Schulungsunterlagen. Er hat bereits viele Schulungen durchgeführt und kennt sich auch mit der Software sehr gut aus, sodas er eine große Hilfe beim Erstellen des Programms ist und gut einschätzen kann, wieviel wir unseren Schulungsteilnehmern zumuten können. Das erste Training soll in Kenia stattfinden. So vergingen die ersten Tage schon wieder wie im Fluge mit Treffen, Besprechungen und Planungen und die nächste Woche scheint auch bereits ziemlich verplant. Aber Pläne können sich insbesondere hier natürlich auch immer schnell ändern...
Karibu Kenya!